Anlässlich des Tags des offenen Bahnhofs hat sich unsere Stadtarchivarin Melsene Bittó intensiv mit der Geschichte des Helmstedter Bahnhofs beschäftigt. Ihre Ausführungen lesen Sie hier:
Bei einer Auktion in Berlin am 9. Oktober 2015 ersteigerte die Stadt Helmstedt das denkmalgeschützte Empfangsgebäude des Helmstedter Bahnhofs. Es gehörte zu den Immobilien, von denen sich die Deutsche Bahn per Auktion getrennt hat.
Die Diskussion über eine sinnvolle und bürgerfreundliche Nutzung hat nun begonnen, an Ideen mangelt es nicht.
Wenn am 18. Juni Gelegenheit ist, dieses alte Gebäude näher kennen zu lernen, sollte man sich dabei auch an die interessante und wechselvolle Geschichte des Helmstedter Bahnhofs erinnern, der im 20. Jahrhundert zeitweise im Fokus der großen Politik stand und der für unzählige Menschen ein Ort der Zuflucht und auch ein Ort der Befreiung war.
Die Eisenbahn kommt
Im Jahr 1825 fuhr in Nordengland zum ersten Mal eine Dampfeisenbahn. Die erste deutsche Eisenbahn fuhr am 7. Dezember 1835 von Nürnberg nach Fürth. Der zu dieser Zeit in Braunschweig tätige Geheime Legationsrat Philipp August von Amsberg (1788-1871) hatte die wirtschaftliche Bedeutung der Eisenbahn frühzeitig erkannt und bewirkte im Herzogtum die Gründung einer Staatseisenbahn. Die erste Teilstrecke von Braunschweig nach Wolfenbüttel wurde am 1. Dezember 1838 eröffnet.
Helmstedt lag zunächst ziemlich abseits der neuen Schienenwege, bei deren Planung man in Braunschweig vor allem den Anschluss an das mitteldeutsche Netz suchte. Am 20. Juli 1858 kam die Eisenbahn endlich nach Helmstedt. Die Strecke nach Jerxheim über Schöningen wurde eröffnet. Die Bahn fuhr täglich 2 oder 3 mal.
Nachdem die Herzogliche Eisenbahn-und Postdirektion die Einrichtung der Bahnlinie Helmstedt - Schöningen beschlossen hatte, musste die Stadt Helmstedt eine entsprechende Fläche in der südlichen Feldmark für die Anlage eines Bahnhofs abtreten.
Zu einer „Beratung wegen der bevorstehenden Bahnhofslage“ hatte der Helmstedter Magistrat zum 30. Oktober 1856 am „Abend 7 ½ Uhr“ eine Stadtverordnetenversammlung in das „hiesige Stadthaus“ einberufen.
Wie aus dem Protokoll der Sitzung hervorgeht, war das Problem des Standortes für den Bahnhof gar nicht so einfach zu lösen. Man dachte zunächst an einen Ort in der Nähe des alten Zollhauses an der Magdeburger Straße. Wegen der zu großen Entfernung von der Stadt wurde der Plan nicht weiter diskutiert. Schließlich einigte man sich auf den heutigen Standort und schnitt damit die direkte Verbindung ab, die vom Harbker Weg über die heutige Privatstraße und die Wilhelmstraße in die Stadt führte. Obwohl dieser südliche Teil der Stadt zu der Zeit kaum besiedelt war, mussten die Fuhrleute von außerhalb nun größere Umwege in Kauf nehmen. Großen Ärger bekamen die Stadt, die Kreisdirektion und die Bahn allerdings mit dem Müllermeister Christoph Wolters.
Sein Anwesen lag an der Schöninger Straße in der Nähe der Privatstraße, während seine Mühle nun jenseits der Bahngleise in der Feldmark lag. Früher konnte er seine Mühle durch die Privatstraße gut erreichen konnte, nun war ein großer Umweg nötig. Ein zermürbender Rechtsstreit folgte, der sich bis zum Jahr 1864 hinzog und schließlich mit einem Vergleich endete.
Das Empfangsgebäude des neuen Bahnhofs, der zunächst ein Sackbahnhof war, wurde an der heutigen Bahnhofstraße 1u. 2 (früher Poststr. 5) errichtet. Der Sandsteinquaderbau sollte auch die Helmstedter Post beherbergen und wurde zumindest für damalige Verhältnisse entsprechend großzügig gestaltet.
Als die Bahn und die Post gegen Ende des 19. Jahrhunderts das Gebäude verlassen hatten, erfolgte der Umbau der Innenräume zu Wohnungen.
Das Foto von Volker Linne zeigt das ehemalige Bahnhofsgebäude, heutige Bahnhofstr. 1 und 2
Das zweite Foto zeigt das aktuelle Bahnhofsgebäude, in dem am 18. Juni der Tag des offenen Bahnhofs stattfindet.
